Gender Lunch Talks im Sommersemester 2018
Inputs
Do, 26.04.2018
Prof. Dr. Anita Traninger (Institut für Romanische Philologie)
Männlicher Blick und weibliche agency: Nymphen in der Literatur und Kunst der Frühen Neuzeit
Nymphen sind in der Literatur und Kultur der Frühen Neuzeit allgegenwärtig, und dennoch haben sie in der Forschung bei weitem nicht die gebührende Aufmerksamkeit erfahren – ganz im Sinne von Aby Warburgs berühmter Etikettierung sind sie ‚bewegtes Beiwerk’ geblieben. In meiner Diskussion – die zugleich wesentliche Ergebnisse eines soeben erschienenen Sammelbandes zur Figur der Nymphe zusammenfasst– wird es mir darauf ankommen zu zeigen, dass Nymphen in der Frühen Neuzeit durch zwei auf den ersten Blick widersprüchliche Aspekte ausgezeichnet sind: Zum einen sind sie durch ein männliches Blickregime konstituiert, in Literatur wie Kunst werden sie als Objekte männlichen Begehrens inszeniert. Zum anderen aber werden sie als in Besitz einer für Frauen in der Zeit ungekannten Handlungsmacht imaginiert, gleichsam als Verkörperung weiblicher Freiheitsräume. Diese historische Analyse soll schließlich eine neue Perspektive auf jüngste Debatten, wie jene um die Abhängung von John William Waterhouse’ Hylas and the Nymphs in der Manchester Art Gallery, eröffnen.
Do, 17.05.2018
Dr. Jennifer Chan (Margherita-von-Brentano Zentrum)
Bodies of Evidence. Gender and Prison in Latin America
In the current debate about „mass incarceration“ and the unstoppable growth of prison populations worldwide, little attention has been paid to women’s incarceration, particularly in the Global South. How is disciplinary power displayed in the female prison? What kind of subjects does it aim to (re)produce? How is the idea of rehabilitation entwined with gender notions? How does this entanglement manifest itself in the daily interactions of the incarcerated women with agents of the State? What role does the prison ultimately play in the lives of the marginalized groups that constitute its largest “clientele” in Latin America? The presentation will address these questions based on the case study of Mexico´s second largest confinement institution for women, the “Centro de Reinserción Femenil de Puente Grande”. Ethnographic fieldwork and interviews allow us to glimpse into the day-to-day lives of incarcerated women and the ways in which their bodies –understood in four different dimensions as social bodies, productive bodies, erotic bodies and biological bodies- are worked on through disciplinary practices.
Do, 07.06.18
Dr. Anja Kirsch (Fachbereich Wirtschaftswissenschaft)
Frauen in Aufsichtsräten, Frauen in Führungspositionen: Wie tragen Aufsichtsrätinnen zur Gleichstellung bei?
In den letzten 15 Jahren sind in vielen Ländern gesetzliche Regelungen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten eingeführt worden. Ziel solcher Geschlechterquoten ist nicht nur, den Frauenanteil in diesen obersten wirtschaftlichen Entscheidungsgremien zu erhöhen, sondern auch, den Frauenanteil in Führungspositionen im weiteren Sinne zu erhöhen. Dabei wird oft angenommen, dass sich Aufsichtsrätinnen für die Gleichstellung der Geschlechter in ihren Organisationen einsetzen. Anstatt es bei dieser Annahme zu belassen, beleuchte ich in diesem Beitrag zwei Fragen: Erstens, unter welchen Umständen und zweitens, auf welche Art und Weise tragen Aufsichtsrätinnen zur Gleichstellung der Geschlechter in ihren Organisationen bei? Basierend auf Interviews mit Aufsichtsrätinnen deutscher börsennotierter Unternehmen zeige ich, welche Möglichkeiten Aufsichtsrätinnen anwenden, um Gleichstellung voranzutreiben und erläutere, wie diese Verhaltensweisen aus den Eigenschaften, Einstellungen, Werten und Motiven der Aufsichtsrätinnen, aber auch aus ihren Erfahrungen im Aufsichtsrat resultieren.
Do, 21.06.2018
Prof. Dr. Gülay Çağlar (Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft)
Ungleichheit und Ernährung. Ein Forschungsprogramm
Das alltägliche Essen ist eine wichtige soziale Praxis worüber Identitäten geprägt, soziale Zugehörigkeit definiert und Ausschlüsse (re)produziert werden. Alltägliche Ernährungspraktiken (Produktion, Vermarktung und Zubereitung) werden einerseits durch komplexe Differenz- und Ungleichheitsverhältnisse durchdrungen und strukturiert. Andererseits beeinflussen Ernährungspolitiken die sozio-ökonomischen, kulturellen und räumlichen Bedingungen von alltäglichen Ernährungspraktiken und wirken dadurch auf geschlechtsspezifische, ethnische und schichtspezifische Ungleichheitsverhältnisse. Das Feld der Ernährungspolitik ist folglich nicht als ein gesellschaftspolitisch neutrales Politikfeld zu fassen, sondern als eines, das auf allen Ebenen machtdurchdrungen ist. Der Vortrag ist im Feld der Internationalen Politischen Ökonomie situiert und entwirft ein intersektionales Programm zur Erforschung des Zusammenhangs zwischen Ernährungspolitik und Ungleichheitsverhältnissen.
Moderation: PD Dr. Susanne Lettow, Dr. Jennifer Chan