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Gender Lunch Talks im Wintersemester 2019/20

Gender Lunch Talks Wintersemester 2019/20

Gender Lunch Talks Wintersemester 2019/20

Inputs


Do, 31.10.2019

Dr. Jean-Baptiste Pettier, Dahlem Research School Postdoctoral Fellow, SFB Affective Societies

The Return of the Wild? Socio-Economic Violence and Gendered Norms in Post-Maoist China

Chinese twentieth-century communist movement placed very early the question of equality between men and women at its core. Yet, this engagement was made along the Mao era through the generalization of stigma and repression of all sexual and amorous matters, which were equated with bourgeois behaviors. By contrast, the period of economic reforms which opened up in China since the 1980s has been regularly associated with a liberalization of sexual and sentimental mores. It implied however a visible comeback of unequal politics towards women, particularly visible through social and professional discrimination against them. Male-oriented prostitution and pornography became widely publicly visible, in particular through the generalization of corruption practices for (male) decision-makers. In these circumstances, the Chinese public and intellectual debate produced a strong critique concerning the unrealism of the Maoist era’s hypothetically gender-neutral ideals. The most notable common point to these debates has been the pervasive rejection of a constructionist perspective on human nature. This through the general acceptance of the notion that sexual desire, particularly men’s one, is a "natural need". Two morals, one calling for the mastership of desire, the second one calling for its accomplishment, oppose themselves here. Desire is situated in between animality and civilisation, it is both normal and reprehensible, thus turning it into a matter of Chinese moral identity.


Do, 14.11.2019

Prof. Dr. Jutta Eming, Institut für Niederländische und Deutsche Literatur

#metoomedieval? Misogynie und weibliche Sprachmacht in der Literatur des Mittelalters

Der Lunch Talk stellt die Erzähltradition der "Sieben weisen Meister" (Historia septem sapientum) vor - die bekannteste Erzählung der Vormoderne, von der Sie noch nie gehört haben. Nach frühen griechischen und syrischen Versionen wurde sie in über 20 Sprachen und Hunderten von
Manuskripten und Drucken vom 12. bis weit ins 17. Jahrhundert überliefert, ein für mittelalterliche und frühneuzeitliche Verhältnisse exorbitanter Erfolg. Wie die Erzählungen aus 1001 Nacht berichtet auch "Die Sieben weisen Meister" von einer Frau, die mit ihrer Sprachmacht und Erzählkraft darum kämpft, ihr Leben nicht zu verlieren. Anders als in der berühmten arabischen Sammlung geht es für die Erzählerin jedoch nicht gut aus – sie verliert ihr Leben, nachdem sie einen falschen Vergewaltigungsvorwurf erhoben hat und mit verschiedenen ‚Gegenerzählungen‘ von männlichen Figuren zum Schweigen gebracht worden ist. Die Projektvorstellung erörtert die Frage, wie sich eine solche misogyne Erzähltradition gendertheoretisch aufarbeiten ließe, und macht den Vorschlag, dafür den Fokus auf Formen von Beredsamkeit zu legen. Eine gewisse Nähe zu den aktuellen #metoo-Debatten ist beabsichtigt, wenn sie auch nicht überstrapaziert werden soll.



Die Veranstaltung wurde abgesagt


Do, 16.01.2020       

Prof. Dr. Martina Erlemann, Institut für Physik

Gender und Diversität in den Naturwissenschaften. Perspektiven der Fachkulturforschung

In den oberen Rängen vieler Naturwissenschaften überwiegt der Anteil weißer, hegemonial männlich markierter Personen aus bildungsnahen Schichten. Inwiefern die Ursachen dieses Befunds in den naturwissenschaftlichen Fächern selbst verankert sind, untersucht jene Ausrichtung der Fachkulturforschung, die sich innerhalb der Gender Studies für MINT verortet. Fachkulturen zeichnen sich durch komplexe Gefüge von Handlungsroutinen, Einstellungen, impliziten Regeln und Ritualen, den Alltagsroutinen und -praktiken aus, in denen die Zugehörigkeit zu einer wissenschaftlichen Gemeinschaft hergestellt und als selbstverständlich wahrgenommen und erfahren wird. Der Kulturbegriff hierbei beruft sich unter anderem auf die Soziologie Pierre Bourdieus.
Die Vielschichtigkeit der Fachkulturen wird in den Gender Studies in MINT mit qualitativen sozialwissenschaftlichen Erhebungsverfahren analysiert, insbesondere mit ethnografischen Methoden, bestehend aus teilnehmenden Beobachtungen und offenen Interviews. Einschlägige Studien der Fachkulturforschung kommen zum Ergebnis, dass sich erfolgreiche Karrieren im MINT-Bereich für Frauen*, People of Colour oder Personen aus bildungsfernen sozialen Schichten schwieriger gestalten.
Der Lunch Talk stellt den Ansatz der Fachkultur und seine Anwendbarkeit anhand von abgeschlossenen und laufenden Forschungsvorhaben zur Fachkultur der Physik in Lehre und Forschung vor.


Do, 06.02.2020     

Jun.-Prof. Dr. Tamara Jugov, Institut für Philosophie

Strukturelle Beherrschung: Das Beispiel befristeter Anstellungsverhältnisse an deutschen Universitäten

Viele Menschen teilen den Eindruck, dass sie nicht mehr durch konkrete Andere – etwa ihre Ehemänner, Chefs oder Vermieter – beherrscht werden. Stattdessen fühlen sie sich in einem diffuseren Sinne durch „den“ Sexismus, Kapitalismus oder den Wohnungsmarkt beherrscht. Ich argumentiere, dass wir solche Phänomene unter dem Titel der „strukturellen Beherrschung“ fassen können. Ein gutes Beispiel für ein solches Phänomen stellen Anstellungsverhältnisse an deutschen Universitäten, die unter wissenschaftlichen Angestellten zu fast 90% befristet sind. Inwiefern und zwischen wem liegt hier aber ein Beherrschungsverhältnis vor? Diesbezüglich mache ich zwei Vorschläge: Erstens, so argumentiere ich, verleihen soziale Praktiken und Regeln, die den Universitätsbetrieb wirksam organisieren, den Mitgliedern mancher sozialer Gruppen willkürliche (d.h. normativ ungerechtfertigte) soziale Macht über andere. Ich argumentiere, dass diese soziale Macht strukturell konstituiert und robust ist: Personen „haben“ diese, auch wenn sie keine intentionalen Zustände in Bezug auf die Ausübung solcher willkürlicher robuster Macht haben. Zweitens müssen wir danach fragen, wer für diejenigen sozialen Praktiken und Regeln verantwortlich gemacht werden kann, die soziale Macht im universitären Kontext willkürlich verteilen.