Querelles Jahrbuch - Neuerscheinung
Band 4 (1999):
Androgynie. Vielfalt der Möglichkeiten
Herausgeberinnen des Bandes:
Ulla Bock und Dorothee Alfermann
Androgynie ist eine Gedankenfigur, in der Weiblichkeit und Männlichkeit - die gemeinhin als zwei entgegengesetzte Merkmale menschlichen Seins gelten - vereint vorgestellt werden. Der Gedanke ist uralt und hat im Laufe der Zeit unzählige Deutungen und Darstellungsformen erfahren, die nur im historischen und kulturellen Kontext zu verstehen sind. Die traditionellen Deutungen des Begriffs sind längst überholt. Was bedeutet Androgynie heute? Welchen Sinn macht es, diesen so traditionsreichen Begriff auch in den Gegenwartsdiskursen der Frauen- und Geschlechterforschung, in denen es um die radikale Dekonstruktion der Geschlechter geht, beizubehalten?
Der vierte Band des "Jahrbuchs für Frauenforschung" bietet verschiedene Ansatzpunkte zum Verständnis des Androgynie-Konzepts. Der erste Teil enthält Texte, in denen es zum einen um die Tragfähigkeit des Begriffs in aktuellen Geschlechter-Debatten geht und zum anderen um die Umsetzung des Motivs der Androgynie in Kunst und Literatur, im Tanz und in der Mode.
In einem zweiten Teil sind Texte versammelt, in denen die Meßinstrumentarien des psychologischen Geschlechts (feminin, maskulin, androgyn) diskutiert und neue Ergebnisse aus der Sozialpsychologie zur Androgynie-Forschung vorgestellt werden. Die empirischen Studien lassen erkennen, daß die in der Tendenz auszumachende Angleichung der Geschlechter mit der Entwicklungslogik postmoderner Gesellschaften korrespondiert. Eine den Band abschließende Bibliographie enthält neuere Literatur zum Thema, die zum vertieften Studium anregen soll.
Inhalt
Einleitung
- Ulla Bock und Dorothee Alfermann: Androgynie in der Diskussion: Auflösung der Geschlechterrollengrenzen oder Verschwinden der Geschlechter? - Eine Einleitung.
Aufsätze
Androgynie als Motiv: Literatur-, kunst- und kulturwissenschaftliche Annäherungen
- Julika Funk: Die melancholische (Un-)Ordnung der Geschlechter in der Moderne und die Androgynie-Utopie
- Irmgard Maassen: Schreiben jenseits der Geschlechterpolarität. Zur Funktion der Androgynie-Metapher in Virginia Woolfs feministischer Literaturtheorie
- Mechthild Fend: "Fräulein Rosa malt fast wie ein Mann". Rosa Bonheur und die Schwierigkeit, als Künstlerin androgyn zu sein.
- Barbara Lange: "Himmlisch weiche softies ...". Zur Veränderung des Androgyniekonzeptes in den performativen Künsten seit den siebziger Jahren am Beispiel des Softybandes von Klaus vom Bruch
- Annette Runte: Ballerina / Ballerino. Androgynie im Ballett
- Gertrud Lehnert: Androgynie und Mode
Androgynie als Konzept: Sozialpsychologische Ergebnisse
- Bettina Hannover: Androgynie: Die Kontextabhängigkeit der Geschlechtsrollenidentität
- Dorothee Alfermann/Dieter Reigber/Judith Turan: Androgynie, soziale Einstellungen und psychische Gesundheit: Zwei Untersuchungen an Frauen im Zeitvergleich
- Miriam S. Andrä: Androgynie, berufliche Motivation und erfolgreicher Berufseinstieg: Ergebnisse der Erlanger Karrierestudien
- Gertraude Krell: Androgynie, Management, Personalpolitik: Androgyne Führungskräfte oder/und Organisationen als Erfolgsfaktor?
- Ursula Athenstaedt: Geschlechtsrollenidentität als mehrfaktorielles Konzept. Ein kritischer Bericht zur Androgynieforschung
- Bernd Strauß und Jens Möller: Androgynie: Typ oder Trait? Zur Struktur und Messung des psychologischen Geschlechts
Fundstücke
- Manfred Pfister: The Phoenix Riddle. Kleine Spurensuche nach Androgynen in der englischen Renaissance
- Auszüge aus: Magnus Hirschfeld: Sexuelle Zwischenstufen. Das männliche Weib und der weibliche Mann. Bonn 1918, Kap. II: Androgynie, S. 93-133
- Katharina Sykora: Androgynie als "Genus tertium" in Magnus Hirschfelds Theorie der "Geschlechtsübergänge"
Forum
- Androgynie - eine falsche Zeitdiagnose? Eine Gespräch mit Christa Rohde-Dachser, geführt von Lilli Gast und Ulla Bock
Rezensionen
- Annette Runte: Biographische Operationen. Diskurse der Transsexualität. München 1996 (Sabine Hark)
- Gertrud Lehnert: Wenn Frauen Männerkleider tragen. Geschlecht und Maskerade in Literatur und Geschichte. München 1997 (Gesa Stedman)
Bibliographie
Ausgewählte Forschungsliteratur zum Thema Androgynie seit 1985